Die Technik der digitalen Visualisierung

Mit Hilfe moderner Computer­programme können Künstler beinahe jede vor­stellbare Welt virtuell erschaffen und auf beinahe beliebige Weise darstellen. Dies bietet im wissen­schaftlichen Bereich die Möglichkeit, Informationen didaktisch aufzubereiten und visuell zu vermitteln.

Die Funktions­weise der Technologie ist einfach zu beschreiben: Um ein 3D-Modell, z.B. eine archäologische 3D-Rekonstruktion, zu erschaffen, müssen alle Bestand­teile der gewünschten Szene im Programm nach­gebildet werden. Objekte werden sichtbar gemacht, indem ihre Form, ihr Material, das Licht sowie eine virtuelle Kamera definiert werden. Wenn man dabei noch zeitliche Ver­änderungen definiert, kann man eine bewegte Film­sequenz, eine sogenannte Animation, produzieren.

Form


Zuerst muß die äußere Form aller Objekte definiert werden. Dafür erstellt man im Programm ein dreidimensionales Gitter­netz. Jeder Gitter­punkt wird vom Programm mit seinen Koordinaten gespeichert. Die Flächen zwischen den Punkten bilden die Oberflächen der Objekte. Das Beispiel zeigt, wie die Form eines virtuellen Gefäßes auf diese Weise dargestellt werden kann. Man kann sich leicht vorstellen, wieviel komplexer das Gitter­netz eines viel­teiligen Gebäudes wird.
Gitternetz und Form einer 3D-Rekonstruktion
Das Gitternetz und die daraus resultierende Form eines einfachen Bechers.

Material


Den so entstandenen virtuellen Oberflächen werden Material­eigenschaften zugewiesen. Dabei kommt es, physikalisch gesehen, darauf an, wie die Oberflächen Licht zurück­werfen, also auf Farbe, Struktur, Licht­durchlässigkeit und Reflektivität. Unser Gefäß kann so bei gleich­bleibender Form zum Keramik- oder Glasbecher werden.
3D-Modell mit verschiedenen Materialien
Einfacher Becher mit Keramik- und Glasmaterial.

Licht und Kamera


Um die gewünschte Stimmung zu erzeugen, muß die Szene mit virtuellen Licht­quellen ausgeleuchtet werden. Deren Wirkung auf die Szene wird vom Programm physikalisch möglichst genau simuliert. Eine virtuelle Kamera, die über alle Einstellmöglichkeiten ihrer realen Vorbilder verfügt, berechnet das Bild ausgehend vom verfügbaren Licht. In den Beispiel­bildern ist der Effekt von Tages- und Kerzenlicht zu sehen.
3D-Rekonstruktion in unterschiedlichem Licht
Einfacher Becher, nun gefüllt, im Tages- und Kerzenlicht.

Animation


Wenn sich die Szene für eine Film­sequenz verändern soll, müssen die gewünschten Bewegungen programmiert werden. Dabei können sowohl die Kamera als auch Bestand­teile der Szene animiert, also "belebt" werden. Kamera­fahrten und Veränderungen von starren Objekten, z. B. ein Flug durch einen Gebäude­komplex oder eine Abfolge von Bau­phasen, sind dabei einfacher umzusetzen als die Animation von Lebewesen. Einige in der Natur vorkommende Bewegungen, z.B. Feuer, Rauch, fließendes Wasser, Textilien oder Pflanzen im Wind können von spezieller Software realistisch simuliert werden, ansonsten ist Animation aufwendige Handarbeit.

Ergebnis


Wenn die virtuelle Komposition aus Form, Material, Licht und Kamera fertig ist, kann der Computer ein Bild berechnen, wie es für ein menschliches Auge sichtbar wäre (und entsprechend viele Einzel­bilder, um eine Film­sequenz zu erreichen). Der Künstler muß dabei in einem viel­schichtigen Schaffens­prozess sowohl wie ein Architekt, Modell­bauer oder Bild­hauer in dreidimensionalen Formen denken, als auch wie ein Maler, Photograph oder Kamera­mann in Perspektive, Farbe und Licht. Und im Sonderfall archäologischer Rekonstruktionen natürlich wie ein Wissenschaftler.
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